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Kaum eine Rebsorte ist – im wahrsten Sinne des Wortes – so gut angekommen in ihrem neuen Heimatland, Chile, wie diese Traube. Dass es so weit kam, ist auf mehrere Einflüsse und Ereignisse zurückzuführen und war von einigen Zufällen abhängig. Erlauben Sie uns daher eine Retrospektive ins Bordelaise, etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts:
Hier ist die Carménère eigentlich zuhause. Sie dient als Verschnittpartner mit den anderen bekannten Rebsorten aus Bordeaux, wie z. B. Cabernet Sauvignon oder Merlot. Dann schlägt die Reblauskrise zu. War die Carménère bis dahin zwar nicht dominant, zählte jedoch zu den nur sechs ausschließlich zugelassenen Rebsorten in Bordeaux (dazu zählt sie im Übrigen noch heute), wird sie nun schlichtweg von pflegeleichteren Reben verdrängt. Die anderen Rebsorten werden bevorzugt, denn die Carménère ist eigentlich zu spätreifend, zu kälte- und feuchtigkeitsempfindlich und neigt zur Verrieselung, was die Erträge zum Teil drastisch mindert. Bordeaux hat seine Tochter (fast) vergessen.
Nicht so Chile. Dort ist es warm, Feuchtigkeit spielt fast keine Rolle und die Erträge der Carménère sind großartig. So großartig, dass dort heute etwa 7000 Hektar unter Bepflanzung dieser Rebe stehen und es inzwischen die Vorzeigetraube Chiles ist, mit ihren Schoko-, Tabak-, Leder- und Röstaromen.
Allerdings agiert unsere Hauptdarstellerin dort lange Zeit unter falschem Namen. Als die Carménère dort 1850 erstmals kultiviert wird, hält man sie für Merlotreben, denen sie sehr ähnelt. Zwar bemerken die Winzer durchaus einen Unterschied in den Aromen der jeweils gewonnenen Rebsäfte, eine Erklärung hierfür findet sich jedoch lange Zeit nicht. Erst 1994, durch den Einsatz von DNA-Analysen, bemerkt man, dass es sich beim "Chilenischen Merlot" um die französische Carménère handelt.
Inzwischen wird in Chile, neben dem nach wie vor praktizierten Einsatz der Traube im Cuvée, zunehmend auch sortenrein Carménère angebaut. Und sogar in Bordeaux haben die Winzer die Rebe wieder in das Weinorchester aufgenommen, wobei die Carménère dort eher eine untergeordnete Rolle spielt und sie derzeit eher noch zum Experimentieren verwendet wird.
Carménère-Weine sind flexibel auf der Menükarte einsetzbar und passen wunderbar zu Geflügel, Pasta, gegrilltem roten Fleisch, Gerichten mit würziger Soße, Aufläufen oder Käse.
Die Säure in diesen Weinen ist oft zurückhaltend, sie sind aber dennoch würzig und wissen, neben den zuvor genannten Eigenschaften, durch saftige Schwarzfruchtaromen, Kaffee- Toast- oder Pflaumen- und Beerennoten zu überzeugen.